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Netzwerk Dresdner Gleichstellungsprojekte mit offenem Brief

6. Juni 2019

Das Netzwerk Dresdner Gleichstellungsprojekte nimmt in einem offenen Brief an Dresdner Bürger*innen Stellung zu den Kürzungen im Bereich Gleichstellungsarbeit durch die neue Stadtratsmehrheit in Dresden. Personal- und Sachkosten für Präventionsarbeit, Gesprächsrunden, Selbsthilfe- und Kreativangebote, Informationsveranstaltungen und Beratungen sowie vieles mehr werden aktuell zusätzlich gekürzt. Der Brief erklärt die Hintergründe:

Netzwerk der Dresdner Gleichstellungsprojekte

An die Dresdner Bevölkerung

Mit diesem offenen Brief wenden wir, die Gleichstellungsprojekte der Landeshauptstadt Dresden, uns direkt an Sie, die Dresdner Bevölkerung. Wir wollen mit diesem Schritt die Auswirkungen der Stadtratsentscheidung vom 8. Februar 2019 gegen eine bedarfsgerechte Finanzierung der Gleichstellungsarbeit für alle Dresdner Bürger*innen aufzeigen.

Die Ausgangslage: Im Dezember letzten Jahres kam es zu Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse im Dresdner Stadtrat. Der von Rot-Grün-Rot vorbereitete Haushaltsentwurf, der sowohl Tarif- und Sachkostensteigerungen als auch Mehrbedarfe enthielt, wurde durch den Haushaltsentwurf des Oberbürgermeisters Dirk Hilbert ersetzt. Dieser Entwurf beinhaltete nicht die benötigten finanziellen Mittel, sondern verharrte auf dem Planungsstand von 2017/2018 (gleiches gilt für Kinder- und Jugendhilfe, Kultur und Soziales). Dies bedeutete einen tiefgreifenden Einschnitt in die schon prekär finanzierte Gleichstellungsarbeit. Rot-Grün-Rot reichte daraufhin einen Eilantrag in den Stadtrat ein, um zumindest die Kostensteigerungen abzufangen. Am 8. Februar wurde der Eilantrag endlich in einer von Rot-Grün-Rot einberufenen Sondersitzung des Stadtrates behandelt: die Mehrheit, bestehend aus CDU, AfD, FDP, Freie Bürger als auch NPD, entschied, dass die Finanzierung dieses Bereichs für 2019 und 2020 auf dem Niveau von 2017/2018 stagnieren solle – mit allen Folgen sowohl für die Projekte dieses Bereiches als auch für die Dresdner*innen, die diese Angebote bisher nutzten.

Die Debatte im Stadtrat, wie auch die schlussendliche Entscheidung über die Finanzierung zeigen eindeutig den aktuellen Stellenwert der Gleichstellungsarbeit und deren Angebote für die neuen Mehrheitsverhältnisse: sie belegt einen der hintersten Plätze. Die Landeshauptstadt Dresden hat sich zur Umsetzung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene verpflichtet, mit diesem Stadtratsbeschluss zum Gleichstellungsetat 2019/2020 arbeitet die Stadt gegen ihre eigene Entscheidung.

Über Jahrzehnte musste die Angebotslandschaft hart erkämpft werden. Es war und ist nicht nur ein Kampf um Sichtbarkeit und um Anerkennung des unbestreitbar hohen Stellenwerts dieser unverzichtbaren Arbeit für die Gesellschaft. Es war und ist auch schon immer ein Kampf ums Überleben und für eine bedarfsgerechte Finanzierung. Die bereits schlechte Ausstattung dieser Projekte mit Ressourcen spitzt sich nun nochmals zu: Personal- als auch Sachkosten werden bis über die Schmerzgrenze hinweg gekürzt.

Mit diesem offenen Brief möchten wir deutlich machen, welche Folgen die Entscheidung der neuen Stadtratsmehrheit ganz unmittelbar für Sie, alle Dresdner*innen, hat. De facto bedeutet der aktuelle finanzielle Stand die Kürzung von Personal- und Sachkosten, was eine massive Kürzung der Angebote im sozialen, beratenden, begleitenden und kulturellen Gleichstellungsbereich mit sich bringt. Die an-schließenden Folgen sind:

  • Verkürzung der Öffnungszeiten
  • Streichung von offenen Angeboten, wie Gesprächsrunden, Selbsthilfe- und Kreativangeboten, Informationsveranstaltungen und Beratungen
  • Streichung von Präventionsangeboten z.B. des Bereichs „Prävention sexualisierter Gewalt“
  • Reduzierung von Vernetzungs- und Kooperationsarbeit
  • Streichung von bisher geplanten Fachveranstaltungen
  • Reduzierung von Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnenarbeit
  • Einschnitte in die Arbeitsressourcen für eine gute Qualität der Angebote
  • Reduzierung von Zuarbeiten und Fachempfehlungen für die Landeshauptstadt Dresden

Die Einschnitte, die die Projekte vornehmen müssen, sind Einschnitte, die alle Dresdner*innen betreffen! Denn an all diesen Projekten hängen Menschen, die in Dresden leben, und die in all ihren unterschiedlichen Lebenslagen und Lebenszusammenhängen bei den Gleichstellungsprojekten Beratung und Unterstützung finden, sowie eine Stärkung für sich selbst in ihrem Lebensumfeld erfahren. Diese Gelder, die im Haushalt fehlen, sind Teil des staatlichen Wohlfahrtssystems, das menschliche Notlagen und gesellschaftliche Ungleichheiten abmildern soll. Wohlfahrtsstaat und Daseinsvorsorge dürfen keine fakultativen Leistungen werden!

Wir alle stehen damit an einem entscheidenden Punkt in der Entwicklung der Dresdner Politik: Wir erleben eine Blaupause für mögliche zukünftige Entwicklungen, wenn sich Mehrheiten ins Rechts-Rückwärtsgerichtete verschieben.

 Netzwerk der Dresdner Gleichstellungsprojekte

Frauen für Frauen e. V. – *sowieso* Kultur Beratung Bildung | Frauen- und Mädchengesundheitszentrum MEDEA e. V. | FrauenBildungsHaus Dresden e. V. – Frauenstadtarchiv Dresden – Frauen*BildungsZentrum | Frauenförderwerk Dresden e. V. | Frauenschutzhaus Dresden e.V. – D.I.K. | Ge-rede – homo, bi und trans e. V. | Frauentreff im Ausländerrat Dresden e. V. | Kreative Werkstatt Dresden e. V. | Lebendiger leben! e. V. | Männernetzwerk Dresden e. V. | Sozialwerk des dfb., LV Sachsen e.V. – Frauenzentrum Guter Rat | Väterzentrum Dresden e. V. – papaseiten.de

Offener Brief als pdf